Bürgerallianz Bayern im Gespräch mit BR-Intendantin Dr. Katja Wildermuth
In den vergangenen Monaten wurde in den Traditionsverbänden innerhalb der Bürgerallianz Bayern intensiv über die geplanten Programmänderungen im Bayerischen Fernsehen diskutiert. Nun trafen sich Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedsverbände zu einem Gespräch mit der Intendantin des Bayerischen Rundfunks, Dr. Katja Wildermuth, um ihre Anliegen persönlich vorzubringen.
Der Sprecher der Bürgerallianz dankte Frau Dr. Wildermuth für das Gespräch, in dem Argumente ausgetauscht werden können.
Eingangs schilderte Dr. Wildermuth die tiefgreifenden Veränderungen in der Medienlandschaft. Die Mediennutzung habe sich grundlegend gewandelt – vor allem durch die Dominanz digitaler Plattformen. „Heute kann jeder mit seinem Handy Inhalte in sozialen Medien veröffentlichen. Die größte Herausforderung besteht darin, Wahres von Unwahrem zu unterscheiden“, so die Intendantin. Die gezielte Desinformation nehme zu, und es werde immer schwieriger, professionelle journalistische Arbeit von ungesicherten Behauptungen zu trennen.
Diese Entwicklung, so Wildermuth, bedrohe auch das Vertrauen in die Demokratie. Populistische Stimmen versuchten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) gezielt zu diskreditieren – mit Argumenten wie „zu teuer“ oder „zu einseitig“. Dabei sei gerade ein unabhängiger Rundfunk ein Garant für journalistische Qualität und demokratische Stabilität. Zugleich wachse der Einfluss globaler Internetkonzerne, die sowohl über Betriebssysteme von Smart-TVs als auch über die Algorithmen von Suchmaschinen und Streamingdiensten die Informationslandschaft prägten. „Wenn 60 Prozent der Google-Nutzer schon nach den ersten Zeilen einer KI-Zusammenfassung aufhören zu lesen, geraten kleinere Informationsanbieter völlig ins Hintertreffen“, warnte sie.
Der BR müsse sich daher auf seine Stärken konzentrieren: glaubwürdige Recherche, regionale Nähe und authentische Berichterstattung. Besonders wichtig sei die Arbeit der Reporterinnen und Reporter vor Ort. Interessanterweise, so Wildermuth, zeigten jüngere Nutzerinnen und Nutzer unter 30 Jahren oft ein besonders kritisches Medienbewusstsein.
Zur finanziellen Situation erklärte sie, dass viele öffentlich-rechtliche Sender in Europa steuerfinanziert seien und dadurch stärker politischem Einfluss ausgesetzt würden. In Deutschland sichere das Umlageverfahren über den Rundfunkbeitrag die staatsferne Finanzierung. Dennoch seien auch beim BR Sparmaßnahmen unumgänglich: Von den derzeit zehn Hörfunkprogrammen müssten vier eingestellt werden, um die Vorgaben des neuen Rundfunkstaatsvertrages, der am 1. Dezember in Kraft tritt, zu erfüllen.
Sorge um die bayerische Identität
Im anschließenden Gespräch brachten die Vertreter der Bürgerallianz Bayern ihre Anliegen deutlich zum Ausdruck.
Günter Frey, Landesvorsitzender des Bayerischen Trachtenverbandes, betonte, dass die traditionelle Volksmusik und die Pflege des Brauchtums nicht an den Rand gedrängt werden dürften. „Wir erkennen die Leistung des BR umfassend an“, sagte Frey, „aber wir fordern, dass die Programme weiterhin von kulturellem Verantwortungsbewusstsein, Menschlichkeit und Objektivität getragen werden – und der Eigenart Bayerns gerecht werden, wie es die Bayerische Verfassung und das Bayerische Rundfunkgesetz vorsehen.“
Besonders kritisch sehe man die geplanten Kürzungen bei etablierten Formaten. Viele traditionsreiche Sendungen wie der „Wiesn-Frühschoppen“, die „Wirtshausmusikanten“, das „Advents- und Weihnachtssingen“, der „Komödienstadl“ oder „Musi und Gsang im Wirtshaus“ seien gefährdet oder bereits eingestellt. „Diese Formate zeigen ein authentisches Bild Bayerns in Deutschland und der Welt“, so Frey. „Wir sind stolz auf unsere Heimat und unser kulturelles Erbe. Es muss auch im Programm des BR sichtbar bleiben.“
Auch Axel Bartelt, Präsident des Landesfischereiverbandes Bayern und Mitglied im Sprecherkreis der Bürgerallianz, äußerte sich besorgt: „Die Bürgerallianz Bayern vertritt über 2,2 Millionen Mitglieder und damit einen breiten Querschnitt der bayerischen Bevölkerung. Viele unserer Mitglieder fürchten, dass der BR seine bayerische Seele verlieren könnte.“ Besonders unverständlich sei es, dass traditionelle Volksmusik teilweise nur noch über DAB-Plus-Radio empfangbar sei.
Aufruf zu Kreativität und Miteinander
Dr. Wildermuth betonte, der BR wolle und müsse sich weiterentwickeln, ohne seine Wurzeln zu verleugnen. Sie rief die Vertreter der Verbände auf, eigene Ideen und Vorschläge einzubringen: „Wir müssen die Dinge machen, die andere nicht machen. Der BR soll das Land in seiner ganzen Vielfalt zeigen – von der Großstadt bis ins kleinste Dorf.“
Sebastian Friesinger, MdL und Sprecher der Bürgerallianz Bayern, hob hervor, dass die Menschen vor Ort den hohen Produktionsaufwand des BR sehr wohl wahrnähmen. „Wir dürfen an unserem Perfektionismus nicht zugrunde gehen“, sagte Friesinger. Auch mit weniger Aufwand könne Qualität entstehen: „Ein Weihnachtssingen muss nicht teurer Hochglanz sein, um berührend und authentisch zu bleiben. Wir müssen Kompromisse finden, ohne den Kern zu verlieren.“
Das Gespräch endete in einer sachlichen und konstruktiven Atmosphäre. Beide Seiten signalisierten Gesprächsbereitschaft. Einig war man sich darin, dass der Bayerische Rundfunk seinen besonderen Auftrag – Information, Bildung, Kultur und Heimatpflege – weiterhin erfüllen müsse. Denn, so der Tenor, gerade in Zeiten rasanter Veränderungen braucht Bayern einen Rundfunk, der seine Identität stärkt und die Stimmen seiner Menschen hörbar macht.
Nach dem Gespräch konnten sich die Vertreter der Bürgerallianz Bayern bei einem Rundgang über den Campus des BR und als Zuschauer bei zwei Livesendungen, Abendschau – der Süden und Abendschau, noch selbst einen Eindruck von der professionellen Arbeit des BR machen. (Fritz Lutzenberger)