100 Jahre Botschafter der Heimat
Gespickt war das durchgehend kurzweilige Programm mit Musik, Tanz, heiteren Geschichten, Informationen zur Geschichte des Vereins und der Tracht, einer Fahnenbandweihe, Grußworten und einem hochkarätigen Pausenfüller. Bereits vor Beginn des offiziellen Teils konnten es sich die Besucher an den Tischen bequem machen, sich von Mitgliedern der FFW Helmbrechts bedienen lassen und den Klängen der Musikkapelle Geisberger aus Gilgenberg lauschen. Denn auch Gäste aus dem österreichischen Ort, mit dem die Stadt eine Partnerschaft verbindet, waren, mit Bürgermeister Christian Huber und seinen Vorgänger Franz Pemwieser an der Spitze der Delegation, angereist. Sind es doch gerade die Volksmusiker und Trachtler, die diese Freundschaft besonders intensiv pflegen. Dies kam auch in den Grußworten zum Ausdruck.
Bürgermeister Stefan Pöhlmann bezeichnete die Verbindungen nach Gilgenberg wie auch zu Volary und Mions als sinnvollen Beitrag zum Zusammenwachsen Europas. Die Grüße des bayerischen Ministerpräsidenten überbrachte Staatssekretär Martin Schöffel, der in seiner Rede übrigens keinen Zweifel daran ließ, dass er eine CSU-geführte Regierung vertritt. Ohne politischen Anspielungen beglückwünschte Landrat Oliver Bär den Jubilar. Er zeigte sich dankbar dafür, dass die Trachtler die Region im Herzen und den Stolz auf Herkunft und Heimat nach außen tragen. Grüße und Dank an die Vereinsführung sprachen auch MdL Kristan von Waldenfels, Chantal Türmer vom Trachtengau Oberfranken sowie Vertreter befreundeter Vereine aus nah und fern aus. Die Reden folgten nicht am Stück, sondern nach einzelnen Darbietungen.
Zu den allesamt exzellenten Auftritten an diesem Tag gehörten Darbietungen der Kirchbergsaiten und Volkstanzgruppe des Jubiläumsverein. Mit volkstümlichen Tänzen eroberten auch der Trachtenverein „Alt Bayreuth“ und die Volkstanzgruppe Gefrees die Sympathien der Zuschauer. Egon Kraus brillierte mit seiner Steierischen und für schmunzelnde Gesichter sorgten Sonja Keil und Reinhard Witzgall mit ihren tiefgründig-humorvollen Geschichten. Sonja Keil erzählte u.a. vom Tanzen früher und heute und gab ein Gespräch mit „der selln und der „annern“ wieder. Reinhard Witzgall hatte Wortspielereien mitgebracht und erklärte beispielsweise den Unterschied zwischen Veganer und unerfahrenen Wanderern, den Wegahnern. Auch fragte er, wieso es bei den Spielkarten, Rote, Grüne und gelbe Farben gibt, aber keine Schwarzen, wo die CSU doch sonst immer überall dabei ist. Verpackt in einem heiteren Dialog verwiesen die beiden Mundartdichter auf die Schönheiten der Region.
Auch reichlich Informationen gab es an diesem Nachmittag. Vorsitzende Stefanie Pichler, die durch das Programm führte, ging auf die Geschichte des Vereins ein und spannte den Bogen von der Gründung des Zitherklubs „Gut Klang“, in dem nur Spieler von Saiteninstrumenten mit großem Können und unter Zustimmung des Dirigenten aufgenommen wurden bis zur Jetztzeit. Dazwischen lagen die Gründung der Oberlandler Helmbrechts, der Zusammenschluss beider Gruppen im Jahr 1936, ein Neustart nach dem zweiten Weltkrieg, die Ausrichtung von Bezirkstrachtentagen und Mitwirkung von Gruppen des Vereins an Rundfunk- und Fernsehsendungen. Eine ausführliche Chronik zum Werdegang des Jubilars ist in mehreren Folgen bereits im Helmbrechtser Amtsblatt erschienen.
Die Kleidung der Volkstumsbewahrer hat sich übrigens gewandelt und sieht heute anders aus als 1930, als die Oberlandler ins Leben gerufen wurden. Damals trugen Mitglieder des Helmbrechtser Vereins die Miesbacher Tracht. Das kam daher, weil zur Jahrhundertwende viele Holzfäller aus Oberbayern in das Hofer Land kamen. Diese Arbeiter wurden gebraucht, um der Borkenkäferplage Herr zu werden. Einige der Gäste blieben dauerhaft und so gelangte die Miesbacher Tracht in die Gegend. Später trugen hiesige Heimatforscher alte Kleidungen aus Höfen, Handweber- und Handwerkshaushalten zusammen und kreierten daraus die jetzigen Kleider und Anzüge. Birgit Jauernig, Trachtenberaterin des Bezirks, erläuterte an Hand der Helmbrechtser Tracht, Details der Ausstattung. Bei Männer und Frauen sind handgestickte Strümpfe Pflicht, der Hut des Mannes ist ein Mittelding zwischen Filzhut und Hut und bei den Frauen bilden Mieder und Rocke eine Einheit, wobei der Rock in Falten gelegt ist. Leider sind viele alte Trachten nicht erhalten, denn die Festtagskleidung bekam man zur Hochzeit, wurde nur zu besonderen Anlässen getragen und auch mit ins Grab genommen. Ersetzt wurden an der Kleidung im Lauf der Zeit lediglich Tücher und Schürzen.
Wenn der Verein als Botschafter der Heimat unterwegs ist, dann wird auch die Fahne mitgeführt. Diese gibt es seit 1960, die Patenschaft dafür hat der Verein Edelweiß Bayreuth übernommen. An der Fahne sind bereits einige Bänder befestigt. Zum 100. Bestehen kam nun ein weiteres dazu, gestiftet von Bürgermeister Stefan Pöhlmann. Dieses Band weihten die Geistlichen Andreas Schmidt (evangelisch) und Sebastian Schiller (katholisch) ehe es seinen neuen Platz fand.
Es war einer von vielen Programmhöhepunkten, zu dem es noch ein weiteres Glanzlicht während der Pause gab. Da spielten „Waldschrat minimal“ in der Besetzung Harry Tröger und Ralf Wunschelmeier Klassiker der oberfränkischen Kultgruppe wie „Wulmerschreit“ oder „Haisla in der Hintern Heeh“.
Dies zeigt wie abwechslungsreich der Nachmittag verlief. Imposant gestaltete sich das Schlussbild der Veranstaltung. Nach der Hymne an die Heimatstadt, dem Helmbrechts-Lied, interpretiert von den Kirchbergsaiten, bat Stefanie Pichler alle Mitwirkenden und Trachtenträger auf die Bühne. Dort sangen sie gemeinsam das Oberfrankenlied.
Ein würdiger Abschluss einer rundum gelungenen Feier, bestens organisiert von 2. Vorsitzenden Günter Werdecker. Aber die Veranstaltung war noch nicht vorbei, denn am Abend war gemütliches Beisammensein mit Tanz angesagt. Die Musik dazu kam von den Gästen aus Österreich, nämlich den Mitteregger Dirndln und der Kapelle Geisberger.
Mit dieser Veranstaltung setzte der Musik- und Trachtenvereins in seiner wechselvollen Geschichte einen weiteren Meilenstein und sorgte für unbeschwerte Stunden, an die sich die Teilnehmer immer wieder gerne erinnern werden.
wb
Bilder
1/10/11/: Zum Schluss des Heimatabends standen alle Trachtenträger und noch anwesenden Ehrengäste auf der Bühne und sangen, begleitet von der Blaskapelle Geisenberger aus dem österreichischen Gilgenberg das Oberfrankenlied.
Dazu auch Bild 14. Vorne von links: Rita Schmidt von den Kirchbergsaiten, Vorsitzende Stefanie Pichler, der frühere Gilgenberger Bürgermeister Franz Pemwieser, 2. Vorsitzender Günter Werdecker, Bürgermeister Stefan Pöhlmann, Landrat Oliver Bär
Bild 2: Die vereinseigene Musikgruppe Kirchbergsaiten eröffnete den Heimatabend zum 100-jährigen Bestehen des Musik- und Trachtenvereins Helmbrechts
Bild 3: Die Tanzgruppe des Musik- und Trachtenvereins Helmbrechts führte zum Jubiläum des Vereins Tänze auf und begeisterte das Publikum
Bild 7/8: Nach der von den Geistlichen der katholischen und evangelischen Konfessionen vorgenommenen Weihe des von Bürgermeister Stefan Pöhlmann gestifteten Fahnenbandes wurde dieses Stück an die Flagge des Vereins befestigt.
Bild 9: Die Trachtenfreunde aus Kronach und Neukenroth hatten zum Jubiläum u.a. eine gebackene 100 mitgebracht und überreichten dies an Vorsitzende Stefanie Pichler (2. Von links)
Auch der Trachtenverein „Alt-Bayreuth“ zeigte einen Volkstanz
Bild 4: Agathe und Günter Werdecker (Foto) präsentierten die Helmbrechtser Tracht, Details dazu erläuterte Bezirkstrachtenberaterin Birgit Jauernig.