Brauchtum um Allerheiligen

Im Trauermonat November stehen das Totengedenken und die Vergänglichkeit im Vordergrund.

Papst Gregor IV. legte 835 den Allerheiligentag (1. November) als Heiligen-Gedenktag fest. Dies gilt in der Westkirche sowohl den bekannten und heilig gesprochenen als auch all den Frauen und Männern, die im Verborgenen ihren Glauben gelebt und verteidigt und die christliche Botschaft verkündet haben und nicht offiziell in den Kreis der Heiligen aufgenommen wurden.

Als Hochfest der katholischen Kirche ist er in vielen europäischen Ländern ein gesetzlicher Feiertag. In den deutschen Bundesländern ist Allerheiligen ein “stiller Feiertag”. Das bedeutet, dass an diesem Tag keine öffentlichen Tanzveranstaltungen durchgeführt werden dürfen und laute Musik verboten ist.

Backwerk

Vor dem Feiertag werden Allerheiligenspitzerl, Allerseelenspiezel, Seelenbrezeln und Seelenzöpfe gebacken. Das ist meistens ein Hefegebäck, das zu Zöpfen geflochten wird.

Mancherorts gibt es auch Allerheiligenlebkuchen. In Städten werden auch Allerheiligen-Torten aus Biskuitteig gebacken und mit Marzipan oder Schokoladenglasur überzogen.

Man glaubte, dass die toten Seelen an Allerheiligen und Allerseelen aus dem Fegefeuer in ihre Häuser zurückkamen, um sich ein wenig auszuruhen. Dafür wurden Speis und Trank bereitgestellt.

Seelenbrote wurden den Toten mit als Wegzehrung zurück ins Totenreich gegeben. Man legte die Brote aufs Fensterbrett, damit die armen Seelen sie mitnehmen konnten. Im Vordergrund stand dabei eine gute Tat. Die Armen des Ortes durften sich diese Speisen holen und zogen an den Tagen um Allerseelen mit ihren Kindern und einem kleinen Leiterwagen von Hof zu Hof. Noch heute gibt es Allerseelenzöpfe, Seelenbrote aus Hefeteig, Allerheiligenspitzerl oder Allerheiligenstriezel.

Aus der Oberpfalz hält man vor dem Hochfest “Spitzlmärkte” ab, in denen alle Formen der Allerheiligen Spitzl verkauft werden.

Seelenwecken findet man im Lechrain. In Schwaben und im östlichen Allgäu geben die Tauf- und Firmpaten den Kindern “Seelenbrote, Seelenbrezen, Seelenzelten und Seelenmändle. Die Danksagung dazu lautet: “Gelt`s Gott für die armen Seelen!” Auch sind Seelenbrezen, Allerseelenzopf, Seelenzopf, Seelenzöpfchen, Allerseelenwecken oder Salzzöpfel (Thierhaupten) bekannt. Sie unterscheiden sich in der Herstellungsart und sind meist 20-30 cm groß und als Brezel, Zopf oder Stange geformt. Mitte der 30er Jahre wurden Allerseelengebäcke fast ausschließlich als Patengeschenke gegeben. In Ingolstadt und vereinzelt auch in Neuburg an der Donau werden die Allerheiligenspitzerl wie kleine Torten in Schiffform gebacken. Am Spitzerlmarkt in Dietfurt an der Altmühl schauen die Spitzerl wie Lebkuchen aus. Im Oberschwäbischen heißen sie „Seelen“, die mit Salz und Kümmel bestreut sind und oft als Brezel geformt sind. Im fränkischen gibt es die „Seelenbrezeln“, die man am Friedhof auf die Kreuze hängte, oder ans Grab mitnahm. Heimisch ist im Berchtesgadener Talkessel und früher auch im Chiemgau, der Brauch des Stuckgehens. Da gehen Kinder von Haus zu Haus und bringen den Menschen einen süßen „Stuck“. (ähnlich den Spitzerl). Ursprünglich war dies ein alter Heischebrauch, also das Erbitten oder Fordern von Gaben.  Gern gaben die Bauern den Stuckgehern, aber nicht uneigennützig. Sie forderten von ihnen, dass sie für die armen Seelen ihrer Verstorbenen viele „Vergelts Gott“ beteten.

Gräberbesuch

Der Besuch der Andachten, Gottesdienste und Gräber erfolgt in Trauertracht. Die Angehörigen schmücken die Gräber und die Angehörigen der Verstorbenen kommen zum Gräberumgang, dem “Gräberschaugn”. Die Kinder sollen mit dabei sein, den sie sind ohne Sünd’ und haben die Kraft, eine arme Seel’ aus dem Fegefeuer hinaus zu beten.

Die Form des Gräberumgangs hat sich im Laufe der Zeit geändert: Früher wurden die Kostbarkeiten aus dem “Glaskastl” (Marien- und Herz-Jesu-Statuen, gipserne Schutzengel, Leuchter, Kruzifixe oder Jesukindl im Glassturz auf die Gräber getragen, um eine Stunde Wacht zu halten. Typisch ist auch das Aufstellen und Entzünden von Kerzen – sogenannte “Seelenlichter”.

Das Kerzenlicht verkörpert das “ewige Licht”, das den Verstorbenen leuchten soll. Das Licht soll die Seelen anlocken, die Seelen wärmen und ihnen den Weg zum Ruheplatz des Körpers weisen.

Andachten und Gottesdienste

Selbstverständlich geht man mit der Trauertracht in den Gottesdienst und auf den Friedhof. Die Männer haben an diesem Tag keinen Schmuck am Hut. Nach dem Gräberumgang wird sich in den einzelnen Familien zum Kaffeetrinken mit Allerheiligengebäck zusammengefunden. Am Allerheiligenabend sagt auch heute noch so mancher Gäubige: “Schön is wieder gwen, kennas zfriedn sei, de Tot`n, hot a jed`s sei Sach kriagt!”

Aberglaube

Wenn die Hausfrau Allerheiligenspitzl bäckt, wirft sie das Erstgebackene ins offene Feuer, um das “Böse” zu beruhigen und fernzuhalten.

Einem alten Aberglauben zufolge ist es lebensgefährlich, in der Nacht von Allerheiligen auf Allerseelen ins Freie zu gehen, da Geister und Dämonen ihr Unwesen treiben. Darin wird der Ursprung des Halloweengedankens vermutet.

Wenn an Allerheiligen noch eine Rose im Garten blüht, so stirbt jemand aus der Familie.

Gisela Haußner, Preith

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