Der Schalk, das Röckigwand und das Kasettl (von Walter Weinzierl)

Der Schalk hat sich erst nach und nach als Festtagstracht entwickelt. Ende des 19. Jahrhunderts heiraten immer mehr Bäuerinnen im Oberland in dem meist schwarzen, aufwändig verarbeiteten Gewand mit reicher stofflicher Verzierung. Zehn Meter Stoff, 40 Meter Spitze und 2 ½ Meter Seide werden von Schneiderinnen kunstvoll gestaltet und nach den überlieferten Grundsätzen ohne Reißverschluss nur mit Haken, Knöpfen und Ketterl gefertigt. 3.000,- € legt „Frau“ heute für einen kompletten Schalk hin, dazu kommen noch der Miesbacher Schnurhut, Schuhe, Strümpfe und nicht zuletzt schmückende Nadeln sowie eine Goldkette um die Schulter. Das „Schmiesei“ und das in Falten gelegte Schalktüchl bedecken größtenteils den Ausschnitt. Das vielfach gefaltete Rückenschößl und die nach oben stehenden Seitenschößl sind auffällige Unterschiede z.B. zum Kasettl. Dazu kommt der bis zum Boden reichende Seidenrock mit dem farbigen oder weißen Schürzl (Oberland = nördliches Voralpenland zwischen Lech und Inn).

Das Kasettl (oder Karsettel, Karsedl, die Schreibweise entwickelte sich von Ort zu Ort verschieden) überwiegt im Inntal. Dieses Festtagsgewand wird getragen von Kiefersfelden bis Rott am Inn, grenzüberschreitend auch im Tirolischen bis Hall oder Kitzbühel.

Gefertigt aus schwarzem, gemustertem Seidenstoff ist es am Hals- und Rückenausschnitt mit Rüschen- und Spitzenmustern reich verziert, mit vielfach gereihten Ärmeln zeugt es oft von einem Meisterwerk der Näherin.

Den Halsausschnitt zieren seitlich zwei weiße, goldbestickte Einsätze, Die Schürzen sind aus hellem, gemustertem Seidenstoff, zusammengebunden mit langen Bändern. Dazu gehört der am unteren Rand mit Gold bestickte Inntaler Bänderhut, auch als „Audorfer“ Hut bekannt, mit einer oder zwei Goldquasten und zwei langen, gemusterten Seidenbändern.

Östlich des Inns – vom Chiemgau bis in den Rupertiwinkel - ist das Röckegwand weit verbreitet: aus glatter Seide oder Halbseide gearbeitet, scheint es ein wenig schlichter – dennoch nicht weniger schön – gehalten. Ein goldbesticktes Einstecktuch sowie der „Priener Hut“ ergänzen mit dem glatten – am oberen Rand gereihten -Rock, welcher etwa bis „Maßkrughöhe“ über dem Boden aufhört, das Chiemgauer Frauengewand.

Alle drei Gewänder (Schalk, Kasettl, Röcke) sind grundsätzlich schwarz gehalten, jedoch kommt zunehmend wieder Farbe in den Schalk oder ins Kasettl, wie es vor der Einführung der Modefarbe Schwarz um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war.

Zu allen Gewändern wird entweder der Miesbacher Schnürschuh oder ein schwarzer Spangenschuh angelegt.

obere Reihe von links nach rechts: Kassettl Gesamtansicht, Kassettl Teilansicht, Röckegwand

untere Reihe von links nach rechts: Röckegwand, Röckegwand im Trauerfall, Schalk Rückansicht mit Miesbacher Schnurhut